Darmbakterien - mittlerweile wissen wir, dass sie mehr Einfluss auf unsere Gesundheit haben, als uns lange bewusst war. Sie wirken sich zum Beispiel auf unser Immunsystem aus und auch darauf, wie gesund wir altern. Doch was genau ist dieses Mikrobiom eigentlich und warum hat das Fasten einen Effekt auf seine Zusammensetzung?
Die Fachbegriffe Mikrobiom und Mikrobiota werden häufig als Synonyme verwendet. Genau genommen bezeichnet der Begriff "Mikrobiota" alle Mikroorganismen in einem bestimmten Bereich, also zum Beispiel im Darm, während der Begriff "Mikrobiom" alle Mikrobiota und auch ihre Gene umfasst1. Was nach Fachlatein klingt, ist es tatsächlich auch. Die Forschung rund um das Mikrobiom ist komplex und steht noch am Anfang. Erste Studien zeigen allerdings, dass es wichtige Zusammenhänge für unsere Gesundheit gibt.
Unsere Ernährung und das Mikrobiom
Wie wir uns ernähren, hat einen Einfluss darauf, wie sich das Mikrobiom zusammensetzt und entwickelt. Die Darmbakterien nutzen das, was wir ihnen zuführen, für ihren Stoffwechsel. Manche Mikroorganismen in unserem Darm helfen uns, gewisse Inhaltsstoffe zu verdauen. Beim Abbau entstehen Stoffe, die wiederum für unseren eigenen Stoffwechsel wichtig sind. Die Bakterien im Darm erzeugen außerdem Vitamine, unterstützen unser Immunsystem und schützen uns vor Krankheiten. Eine Vielzahl unterschiedlicher Bakterien wirkt dabei zusammen. Laut neuesten Untersuchungen existieren ungefähr 2.000 verschiedene Bakterienarten im menschlichen Darm. Ihre Anzahl könnte somit die Zahl der menschlichen Zellen und die der unterschiedlich kodierenden Gene übertreffen2. Ist ihre Zusammensetzung gestört, kann das zu Krankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Übergewicht führen. Umgekehrt können manche Erkrankungen oder die Einnahme von Antibiotika die Darmflora auch entsprechend beeinflussen und schwächen.
Einzelne Wissenschaftler:innen konzentrieren sich derzeit darauf, die Zusammensetzung der Mikroorganismen insbesondere bei älteren Menschen so zu beeinflussen, dass ein RESET bzw. eine (Neu-)Kalibrierung der körpereigenen Abläufe entsteht. Das Ziel: Durch die Kombination aus ernährungsbezogenen Maßnahmen (Konsumation von Polyphenolen aus Heidelbeeren, Mittelmeerdiät mit Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten, Fisch, Olivenöl und Nüssen und der Reduktion von rotem Fleisch, Milchprodukten und gesättigten Fetten) und mikrobiotischen Strategien soll sich das Mikrobiom so günstig verändern, dass ein gesundes Altern möglich wird.
Warum Fasten unser Mikrobiom stärkt
Fasten kann eine Anreicherung von Bakterien im Darm bewirken.3 In einem Bericht des Max Delbrück Center für Molekulare Medizin in Berlin4 wird deutlich, dass Fasten positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat: Die allgemeine Lebensdauer wird verlängert, die Gesundheit bis ins Alter bleibt eher erhalten, Krankheitsausbrüche werden verzögert und der Alterungsprozess verlangsamt sich. Die Reduktion der Nahrungsaufnahme etwa durch Intervallfasten, Basenfasten oder Heilfasten wirkt Entzündungen entgegen und verbessert die Stoffwechselgesundheit. Das Fasten hat außerdem eine positive Auswirkung auf die Insulinsensitivität und die Blutzuckerkontrolle. Durch den Verzicht auf Nahrung werden bestimmte Darmbakterien angereichert, die speziell für ihre entzündungshemmenden Funktionen bekannt sind. Diese Veränderung des Mikrobioms wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus. Inwiefern diese Veränderungen von Dauer sind, also auch nach dem Fasten noch anhalten, bzw. wie nachhaltig die Gesundheit dadurch beeinflusst wird, unterliegt weiteren Untersuchungen. Es lässt sich aber bereits anhand individueller Erfahrungen bestätigen, dass Fasten den Gesundheitszustand im Allgemeinen begünstigt.
Auch eine Studie am Institut für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien zeigte bereits im Jahr 2014 ähnliche Ergebnisse.5 Die Studie wurde in Österreichs größtem Fastenzentrum Kloster Pernegg durchgeführt. 50 Proband:innen fasteten eine Woche lang und erhielten danach eine bestimmte Zeit lang Probiotika. Es wurde festgestellt, dass sich dadurch die Anzahl einer bestimmten Bakteriengruppe erhöhte, die anti-entzündlich wirkt und die Darmwandbarriere verstärkt.6
Was unser Darm mit der mentalen Gesundheit zu tun hat
Gesünder alt zu werden, betrifft nicht nur den Körper, sondern auch den Geist. Die aktuelle Forschung legt nahe, dass unser Mikrobiom auch in enger Verbindung mit unserer mentalen Gesundheit steht. So können Darmbakterien zum Beispiel unser Verhalten und unsere Stimmung beeinflussen. Das Mikrobiom im Verdauungstrakt hat demnach also Einfluss auf unser zentrales Nervensystem und könnte dahingehend auch bei der Behandlung von Alzheimer oder Parkinson eine größere Rolle spielen, als bisher angenommen. Ein weiterer Faktor, der bis jetzt noch viel zu wenig untersucht wurde, ist außerdem, inwieweit die Zusammensetzung des Mikrobioms mit unseren sozialen Interaktionen zusammenhängt. Es gibt auch hier bereits erste Hinweise darauf, dass Menschen, die in einem lebendigen sozialen Umfeld eingebettet sind, offenbar eine größere Diversität von Darmbakterien aufweisen und somit auch gesünder sind.7
Auch die Auswirkung der Darmbakterien auf die Entstehung von Depressionen wurde bereits untersucht. In zwei unabhängigen Studien in den Niederlanden wurde festgestellt, dass gewisse Darmbakterien mit Depressionen in Verbindung gebracht werden können. Die aktuelle Forschung zeigt auch in diesem Bereich, dass die Zusammenhänge in unserem Körper weitreichender sind, als bisher gedacht, und es möglicherweise neue Ansätze für zukünftige Therapien braucht.8
Dem Wesen Mensch auf der Spur
Die wissenschaftlichen Untersuchungen sind aktuell dem auf der Spur, was den Kern ganzheitlicher Ansätze bereits ausmacht: Symptome und Zustände des menschlichen Körpers können selten nur einzeln betrachtet werden, sondern müssen - wenn möglich - in einen größeren Zusammenhang gestellt werden. So sollte auch das Fasten nicht nur als eine Abnehmkur betrachtet werden, sondern darf im weiten Feld der gesundheitlichen Maßnahmen eine noch größere Rolle einnehmen, insbesondere auch in der Vorsorge. Allein die entzündungshemmende Wirkung des Fastens zeigt bereits, wie positiv sich unsere Ernährung bzw. der Verzicht dieser auf unser Mikrobiom und den gesamten Körper auswirken kann.
[1] https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/gesundheit/mikrobiom/ abgerufen am 12.04.2023
[2] Ghosh T.S, Shanahan F., OToole P.W.: "The gut microbiome as a modulator of healthy ageing", in: Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology Vol. 19, September 2022
[3] https://www.deutschesgesundheitsportal.de/2023/01/18/auswirkung-von-fasten-auf-mikrobiom-und-gesundheit/ abgerufen am 12.04.2023
[4] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/joim.13574 abgerufen am 12.04.2023
[5] https://sciencev2.orf.at/stories/1749748/index.html abgerufen am 12.04.2023
[6] Remely M., Hippe B., Geretschläger I., Stegmayer S., Höfinger I., Haselberger A.: "Increased gut microbiota diversity and abundance of Faecalibacteirum prausnitzii and Akkermansia after fasting: a pilot study", in: Wiener klinische Wochenschrift. The Central European Journal of Medicine., Springer-Verlag Wien 2015
[7] Ghosh T.S, Shanahan F., OToole P.W.: "The gut microbiome as a modulator of healthy ageing", in: Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology Vol. 19, September 2022
[8] https://www.mdr.de/wissen/darm-darmgesundheit-bakterien-darmbakterien-depressionen-100.html abgerufen am 12.04.2023
Quelle: Mag. Aneta Pissareva
Die ärztlich zertifizierte Fastenbegleiterin Aneta Pissareva bietet ihre Kurse online und in ausgewählten Hotels und Klöstern an. Ihre Programme umfassen neben klassischem Basen- und Heilfasten auch spezielle RESET-Kurse mit individuellen Schwerpunkten.
Text: Mag. Aneta Pissareva
Bilder: © Aneta Pissareva © mcmurryjulie auf Pixabay
Weitere Quellen: (Links vom 12.4.2023)
- https://www.helmholtz-hzi.de/de/wissen/wissensportal/unser-immunsystem/das-mikrobiom/
- https://link.springer.com/article/10.1007/s00129-018-4374-6
- https://lallemandanimalnutrition.com/de/germany/neuigkeiten/microbiota-or-microbiome/
- https://www.welt.de/gesundheit/plus232737405/Fasten-Wie-sich-das-Mikrobiom-boostern-laesst-man-an-Gewicht-verliert.html