Das Fastenphänomen als Jungbrunnen und Supermedizin
Als ich in den 2000er Jahren für „Am Anfang war das Licht“ zum Thema Fasten recherchiert habe, hörte ich von Medizinern noch Aussagen wie „Fasten, so ein Blödsinn. Das bringt gar nichts“. „Entschlacken, was soll das denn sein? Schlacken gibt es nur in der Schwerindustrie.“
Durch die Verleihung des Medizinnobelpreises 2016 an den Zellbiologen Yoshinori Ohsumi für seine Arbeit zur Erforschung des „Fastenphänomens“ Autophagie werden solche Aussagen immer spärlicher werden. Das Fasten bekommt nun endlich auch Anerkennung im medizinischen Mainstream und wird unsere Ernährungslehre sukzessive verändern.
Der von Ohsumi erforschte Prozess der Autophagie (wörtlich: Selbstfressen) beschreibt in etwa das, was Fastenpionier Dr. Otto Buchinger salopp als „Entschlacken“ bezeichnet hat. Die Schlacken heißen dann in wissenschaftlicher Sprache etwa „geschädigte Zellorganellen“ oder „falsch gefaltete Proteine“. Das Ergebnis ist das gleiche: Der laufend anfallende „Zellschrott“ muss von der körpereigenen „Müllabfuhr“, der Autophagie, regelmäßig entsorgt bzw. recyclet werden, sonst entstehen Krankheit und vorzeitiges Altern.
Essen stoppt die Autophagie. Fasten löst sie aus.
Mittlerweile ist unumstritten, dass (Kurzzeit-)Fasten durch den Prozess der Autophagie eine der effektivsten Möglichkeiten ist den Körper jung und gesund zu erhalten.
„Spürt die Zelle einen Energiemangel, fängt sie an, alles zu verdauen, was nicht niet- und nagelfest ist. Das sind sehr oft schädliche Substanzen, die während des Alterns akkumulieren: Aggregierte Proteine, die zu Neurodegenerationen führen oder beschädigte Mitochondrien, die Krebs auslösen können,“ sagt der österreichische Molekularbiologe und Autophagie-Experte Prof. Frank Madeo von der Universität Graz und ergänzt weiter:
„Die Altersforscher sind relativ zerstritten, aber sie sind sich in einem Punkt einig: Fasten oder Kalorienreduktion dient der Verlängerung der Lebensspanne“
Ein Blick auf die Szene mit den beiden Rhesusaffen der Langzeit-Kalorienreduktionsstudie der University of Wisconsin in „Am Anfang war das Licht“ spricht Bände
Der „Fastenaffe“ ist gesund und sieht alleine optisch deutlich jünger aus, während der normal ernährte Affe alle klassischen Anzeichens des Alterns zeigt – Haarausfall, Muskelschwund, Arthritis, Diabetes etc.
Mittlerweile ist auch beim Menschen gezeigt worden, dass ausgiebige Autophagie-Phasen Infektionskranhkeiten und Alzheimer vorbeugen und sogar das Wachstum von Tumoren durch Fasten reduziert werden kann.
„Fasten ist tatsächlich eines der stärksten Medikamente, die uns zur Verfügung stehen,“ sagt der Altersforscher und Zellbiologe Valter Longo.
Während die Ernährungslehre, basierend auf dem Bild des Menschen als biologische Verbrennungsmaschine, noch vor einigen Jahren stets empfohlen hat, möglichst viele kleine Mahlzeiten am Tag zu essen, zeigt sich nun ein völlig anderes Bild.
„Es ist sicher richtig, dass man große Pausen zwischen den Mahlzeiten machen sollte. Was Ernährungsberater seit Jahrzehnten propagieren, dass man also viele kleine Portiönchen über den Tag verteilt essen soll, ist sicher falsch,“ bestätigt Prof. Madeo.
Derzeit geht man davon aus, dass man zwischen den Mahlzeiten mindestens 14 bis 16 Stunden Pause einlegen sollte, um den Prozess der Autophagie effektiv zu aktivieren.
Der Vorteil des Intermittierenden Fastens bzw. Kurzzeitfasten ist, dass der Körper von den Vorteilen der Autophagie profitiert aber sich auch noch nicht im richtigen Fastenstoffwechsel befindet.
Im Laborversuch mit Mäusen zeigte sich sogar, dass die exakt gleiche Menge an Nahrung dann relativ unschädlich war, wenn die Tiere das Essen nur in einem bestimmten Zeitfenster zur Verfügung hatten. Die Kontrollgruppe hingegen entwickelte typische Krankheitssymptome wie Diabetes und Übergewicht, wenn das Essen permanent zur Verfügung stand und die Nahrungsaufnahme über den gesamten Tag verteilt erfolgte.
Auf den Menschen umgelegt heißt das, dass wir durchaus genießen und hin und wieder über die Stränge schlagen dürfen, wenn wir unserem Körper regelmäßige Phasen der Autophagie gönnen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass man sämtliche Ernährungsempfehlungen über Bord werfen sollte. Es gibt nach wie gesundes und ungesundes Essen. Die schädlichen Wirkungen des ungesunden Essens werden durch die Autophagie aber offensichtlich deutlich reduziert.
Der richtige Rhythmus macht wie immer den Unterschied. Und der ausgewogenen Ernährung sollten ausgiebige Essenspausen gegenüberstehen, sonst macht auch ein Zuviel an gesundem Essen krank.
Quelle: amanfangwardaslicht.com/2018/01/25/autophagie-das-fastenphaenomen-als-jungbrunnen-und-supermedizin/
Autor: P.A. Straubinger
Veröffentlicht: 25. Januar 2018
Bilder: Am Anfang war das Licht